Samstag, 5. Dezember 2015

Lasst die Kinder zu mir kommen?

Na ihr Lieben?

Auch im "Vorweihnachtsstress"? Nun lasst mal alles liegen und stehen und lest ein bisschen...


Mir fiel in den letzten Wochen unwahrscheinlich oft auf, dass viele meiner Endometriose-Schwestern sich in den diversen Foren mit frohen Botschaften meldeten!

"ich bin schwanger!"

welch schöne Nachricht denke ich mir und dann folgen gleich mehrere Kommentar:

"Ja, mein Wunder ist jetzt schon 2 Jahre alt, obwohl mir immer gesagt wurde, mit Endometriose kann ich nicht schwanger werden..."

"Damals sagte man mir, ich soll sofort schwanger werden, also gleich nach der Operation, hat aber nicht geklappt"

"Mein Wunderkind liegt gerade neben mir und schläft...mir wurde gesagt, ich kann keine Kinder bekommen"

"Wir probieren schon seit 3 Jahren :( Der Arzt meinte, ich könne nie schwanger werden"

"Ich freue mich für dich, ich war auch ganz überrascht, dass ich nach der Diagnose schwanger wurde, hat sofort nach der Endosanierung geklappt."

usw. usw. usw.

Beim Lesen fällt mir auf, dass anscheinend alle Gynäkologen genau die gleichen Aussage machen:

1. Sie sollten sofort schwanger werden nach der Operation (egal wie alt die Frau ist, in welcher persönlichen Situation sie sich gerade befindet, egal ob single oder mit Freund/Ehemann, berufliche Situation)

2. Mit Endometriose ist es schwierig schwanger zu werden! (?????)

Anscheinend macht es auch keinen Unterschied, welche Form der Endometriose vorliegt? Da ich meistens die Vorgeschichte, bzw. anhand der Aussagen von Betroffenen ersehen kann, ob eine ovarielle Endometriose vorliegt z.B., oder wie in meinem Fall die TIE, also die tiefinfiltrierende Form. Versteht Ihr worauf ich hinaus will?

Heißt die Diagnose: ENDOMETRIOSE gleich Kinderlosigkeit?

NEIN! Definitiv nicht

Und ich würde mir von ganzem Herzen wünschen (vielleicht zu Weihnachten, als kleiner Wunsch) dass Ärzte sich sensibler verhalten würden! Was diese Sätze bei Frauen anrichten können, ist ihnen anscheinend überhaupt nicht bewusst!

Als ich schwanger wurde, wusste ich nicht einmal, dass ich an Endo erkrankt war. Ich wurde also ganz einfach schwanger und bekam meine Tochter. Erst im Jahre 2000 erfuhr ich von meiner Krankheit. Danach folgten einige Operationen und erstmals wurde mir ungefähr 2004 oder 2005 erzählt ich könne keine Kinder mehr bekommen! Dabei hatte ich weder Schokozysten oder sonstige Probleme an den Eierstöcken, kleinere Endoherde wurden mir nur einmal am Ovar entfernt. Ansonsten hatte ich "nur" Endo an Blase/Darm/Bauchfell/Gebärmutterbänder/rectovaginal etc. also die tiefinfiltrierende Form eben. Auch mal am Harnleiter, aber das hat nichts mit Sterilität zu tun. Und trotzdem sagte mir man (nachdem die Eileiter getestet wurden, ob Durchgängigkeit besteht) dass ich wohl keine Kinder mehr bekommen kann! Ich müsse es mit einer künstlichen Befruchtung versuchen! Obwohl ich schon einmal schwanger wurde auf natürlichem Weg, wurde mir das so einsuggeriert, dass ich es glaubte. Plus, nach jeder OP wurde mir eh eine Pille zur Hormonbehandlung verordnet? Nun ja, das ist auch schon 15 Jahre her, aber die Einstellung und die Aussagen der Ärzte haben sich anscheinend nicht geändert!

Ich persönlich habe den Eindruck, dass es äußerst ungünstig für junge Frauen ist, erstens mit der Diagnose sich erstmal anzufreunden und im gleichen Atemzug solche Sätze vor den Latz geknallt zu bekommen. Die Psyche hat einiges aufzuarbeiten und wenn ich dann noch mich fragen muss, ob ich denn jetzt schon schwanger werden "muss", dann richtet das meiner Meinung nach einen ziemlichen seelischen Schaden an, der evtl. eine normale Schwangerschaft schon mal deutlich erschwert?

Hätte ich mit 24 schon gewusst, dass ich Endometriose habe und genau diese Sätze erhalten, wäre ich vielleicht nicht mal schwanger geworden? Der Kopf spielt eine immens wichtige Rolle...zumindest nehme ich das stark an! Ich bin keine Psychologin, aber ich verstehe das als Frau vielleicht ganz anders als der Arzt (meistens auch noch männlich) der überhaupt keine Ahnung hat, was gerade sich alles im Kopf der Patientin abspielt?

Es wird ein dezenter, aber doch permanent anwesender Druck aufgebaut..."am besten jetzt gleich schwanger werden" kann einiges durcheinander bringen. Immerhin wächst man heran und hat einen Plan für die Zukunft, wünscht sich vielleicht erstmal eine Ausbildung, Karriere, Beziehung, Ehe usw...und dann Kinder..nun soll man das sofort entscheiden und dann noch eine Diagnose obendrauf, die man noch nicht einschätzen geschweige denn, verstanden hat? Vielleicht sollte man die Sache einfach sensibler angehen?
Wie wäre es denn damit:

Diagnose: Endometriose

Zeit um ein Gespräch darüber zu führen mit den behandelten Ärzten, was das eigentlich ist, wie kann man behandeln, um dann im Verlauf des Gespräches zu klären, ob Kinderwunsch besteht?

Einige Endometriosezentren haben das mittlerweile drauf und fragen vor der Operation nach, ob Kinderwunsch besteht. Finde ich gut, allerdings weiß ich nicht wie genau darauf eingegangen wird. Aber bitte nicht den Satz anbringen: Nach der OP so schnell wie möglich schwanger werden...das ist doch blöd :)

Erklärt Euren Patientinnen, dass nach einer erfolgreichen Sanierung die Chance schwanger zu werden VIELLEICHT höher ist, aber definitiv können wir das nicht sagen. Erholen Sie sich erstmal richtig gut von ihrer Operation und wir können gerne nochmal über ihren Kinderwunsch sprechen, wenn sie bereit dazu sind! Das wäre doch vielleicht eine Vorgehensweise? Oder was meint ihr?

Übrigens in Deutschland kommen Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch schneller an die Diagnose Endometriose als Frauen mit Schmerzen! Das heißt aber auch im Umkehrschluss, würde man früher Endometriose entdecken können, müssten viele Frauen nicht erst jahrelang versuchen schwanger zu werden und unzählige Ärzte aufsuchen um ihren größten Wunsch erfüllen zu können, oder?

Schwieriges Thema und ich bin sehr sehr dankbar und froh, dass ich immer wieder diese schönen Nachrichten lesen darf! Und es bricht mir das Herz, wenn Frauen sich diesen Wunsch nie erfüllen können, womöglich auch noch wegen Unachtsamkeit der Ärzte? Das ist wirklich schlimm und da gibt es nichts schön zu reden...das tut mir einfach im Herzen leid und ich wünsche mir, dass noch ganz ganz viele meiner Endoschwestern sich mit schönen Nachrichten melden werden! Und egal was die Ärzte sagen: Wunder geschehen immer wieder, erst diese Woche wieder erfahren!

Ich hoffe ich bin niemanden zu nahe getreten mit meinem Blog...generell möchte ich einfach darauf hinweisen, dass dies ein ganz sensibles Thema ist und es sollte genügend Raum und Zeit zur Verfügung stehen um uns Patientinnen zu begleiten. Es sollte niemals etwas zur Routine des Arztes gehören einfach einen Haken auf seiner Checkliste zu machen: Kinderwunsch check ja oder nein..sondern einfühlsam besprochen werden und auch dementsprechend behandelt werden!



Eine gesegnete Weihnachtszeit meine Lieben,
Liebe - Hoffnung - Frieden

Eure Endokat












Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Freu mich auf Eure Kommentare!